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Behindertensport

Behindertensport im Jahr 2020

von Stephan Schürmann

Das Behindertensportjahr im RTB begann recht unspektakulär. Die Sportgruppe traf sich wie immer dienstags in der Sporthalle Schimmelbuschweg zum Training. Fleißig wurde gelaufen, so wie Koordinations- und Geschicklichkeitsübungen absolviert. Kraft- und Ausdauerübungen kamen auch nicht zu kurz. Bei allem Fleiß und Schweiß stand der Spaß an erster Stelle. Im März machten die Behindertensportler dann ganz neue Erfahrungen, denn es fand ein Hockey-projekt statt. Schon seit zwei bis drei Jahren hatte ich immer mal mit Uli Kirchhoff über die Möglichkeit, den Mitgliedern den Hockeysport näher zu bringen, gesprochen. Da ich von Karneval an bis zum bis Ende März verhindert war und der Behindertensport hätte ausfallen müssen, wurde die Idee konkret. Glücklicherweise hatte Uli Kirchhoff Zeit und Lust mich zu vertreten. Wie es den Behindertensportlern beim Hockeyprojekt erging kann in dieser Vereinszeitung im Bericht von Uli nachgelesen werden. Mich erreichten dienstagabends oder mittwochs am Vormittag immer Bilder vom Projekt. Auf den Fotos waren konzentrierte Teilnehmer bei den Übungen zu sehen, die zudem, trotz aller Konzentration, ein Lächeln zeigten.

Insgesamt war das Projekt eine gelungene Sache, bei der unsere Sportler mit Handicap viele neue Eindrücke und Erfahrungen sammeln konnten. Zu gerne hätte ich mir selbst eine Übungsstunde angeschaut, doch das war leider nicht möglich. Corona war in aller Munde und die Infektionszahlen stiegen rasant. Logische Folge war der Lockdown, mit Schließung aller Sportstätten und Kontaktverboten.

Ende April gab es erste Lockerungen und am 7. Mai wurden die Sportfrei-anlagen geöffnet. Nach einer Abfrage per Mail war klar, die Handicapsportler waren heiß auf Bewegung und Sport. So starteten wir am 19. Mai mit unseren Sportstunden zur üblichen Zeit am Stadion Reinshagen. Groß war die Freude des Wiedersehens und der Bewegungsdrang war entsprechend ausgeprägt nach der langen Zeit des Nichtstuns. Ab hier zeigt sich für mich ganz deutlich, warum der Sport der Kitt der Gesellschaft genannt wird. Die Förderschulen und Einrichtungen für Menschen mit Handicap waren zu diesem Zeitpunkt immer noch geschlossen. Der Sport ermöglichte soziale Kontakte, gemeinsames Miteinander und Bewegung. Balsam für Körper, Geist und Seele. Der Vorstand des Reinshagener Turnerbundes, nebst mir als Übungsleiter, zeigte einen gewissen Mut wieder Sport zu ermöglichen. Hygienekonzepte mussten her, Auflagen mussten eingehalten werden und es blieb insgesamt ein gewisses Restrisiko der Infektion.

Alle Zweifel und Ängste wurden durch die Dankbarkeit der Teilnehmer aufgewogen, die ein, wenn auch nur kleines Stück Normalität im Leben zurückbekamen. In den kommenden Wochen war der Wettergott uns wohl gesonnen und es wurde viel gelaufen, geworfen und gesprungen. Leichtathletische Elemente standen im Vordergrund. Im Stadion Reinshagen, das sehr gut von verschiedensten Sportgruppen genutzt und frequentiert war, fand sich immer ein Plätzchen an dem die Behindertensportgruppe trainieren konnte. Bis zu den Sommerferien fiel kein Übungsabend aus. Amelie hat in dieser Zeit die Gruppe verlassen und probiert die Leichtathletik in der LG Remscheid aus. Das macht ihr sehr viel Spaß und ist für die sehbehinderte Sportlerin eine neue Herausforderung. Sie wurde sehr gut in der neuen Trainingsgruppe aufgenommen, was zeigt, dass die Integration im Sport und durch den Sport funktioniert.

Nach den Sommerferien wurde der Treffpunkt der Behindertensportgruppe wieder in die Halle Schimmelbusch verlegt, obwohl auch zu der Zeit noch bei schönem Wetter der Sport im Freien bevorzugt wurde. Das war wetterbedingt ab Mitte September leider nicht mehr möglich. Aber auch in der Halle hatten alle ihren Spaß. Egal ob beim Stabitraining, bei Übungen mit Therabändern, dem Pezziball und auf dem Bewegungs-parcours. Überall wurde schweißtreibend trainiert. Wie gewohnt wurde sehr individuell gearbeitet, was aufgrund der unterschiedlichen Handicaps der Teilnehmer ein absolutes Muss ist, denn jeder soll auf seine Kosten kommen und die Übungsstunde mit einem guten Gefühl verlassen. Das gelang uneingeschränkt, denn jeder Teilnehmer hat seine Vorlieben auf die immer eingegangen wurde.

Justin war bei den Kraftübungen der König an den Hantelstangen, beide Noahs rannten was das Zeug hält, Katharina und Katharina drehten gemeinsam ihre Runden durch die Halle, Simon war der Läufer mit den quietschenden Schuhen, Svenja behielt stets das Gleich-gewicht beim Balancieren auf der Bank, Can bewegte sich langsam aber stetig, Amelie konnte es nie schnell genug gehen, Robert führte die Übungen sehr genau aus, Juliane ging es langsam an, Denise strengte sich auch mit dem Theraband gerne an und Mert konnte vieles wenn er denn wollte.

Leider stiegen im Oktober die Infektionszahlen wieder an. Der Schulsport fiel aus, der Vereinssport konnte noch uneingeschränkt stattfinden. Diese Tatsache wurde seitens der offiziellen Stellen aus meiner Sicht schlecht kommuniziert, was zur Verunsicherung und Rückfragen von Eltern und Teilnehmern führte. Doch diese Problematik konnte schnell erklärt wer-den und Bedenken und Unverständnis wurden ausgeräumt werden, so dass alle regelmäßig zum Übungsbetrieb kamen. Ab dem 2. November dann der nächste Schock für den Sport und die Behindertensportgruppe. Die Bundesregierung beschloss einen „Lockdown Light“ mit dem Ziel, das gesellschaftliche Leben aufgrund der hohen Infektionszahlen wieder herunterzufahren. Theater, Restaurants und auch Vereine mussten schließen. Der Sportbetrieb in den Vereinen musste eingestellt werden und alle Sportanlagen wurden geschlossen.

Über den Sinn den Vereinssport zu verbieten, insbesondere vor dem Hintergrund seiner sozialen und gesellschaftlichen Funktionen, kann man sicherlich diskutieren. Denn die Maßnahmen stoßen nicht überall auf Verständnis, weil nachweislich der Sport kaum zum Infektionsgeschehen beigetragen hat. Wie dem auch sei. Der Sport als Gesamtes trägt den erneuten Einschnitt klaglos mit und leistet so seinen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie. Dennoch hoffen alle Mitglieder und Eltern der Behindertensportgruppe dass es bald wieder losgeht mit dem Vereinssport, dienstags in der Sport-halle Schimmelbuschweg.

Nicht nur der RTB hatte mit den Pandemiefolgen zu kämpfen. Auch im Jahr 2020 sollten Schwimmwettkämpfe für Menschen mit Handicap stattfinden. Mittendrin statt nur dabei unser Vereinsmitglied Elias de Souza, der für die SG Bayer startet. Für den Nachwuchsathleten stand 2020 unter keinem guten Stern. Das NRW-Landeskadermitglied trainierte zwar fleißig, zu nennenswerten Wettkampfteilnahmen kam es jedoch nicht, da sich das Wettkampfgeschehen in die zweite Jahreshälfte verlagerte. Ausgerechnet in dieser Zeit war Elias gesundheitlich außer Gefecht gesetzt, so dass er beim Heimwettkampf, dem BRSNW Cup, nicht starten konnte.

Dieser war in Remscheid der erste Schwimmwettkampf nach dem ersten Lockdown. Hierfür hatte die SG Remscheid extra ein umfangreiches Maßnahmen- und Hygienekonzept entwickelt, welches erfolgreich Anwendung fand. An der Spitze der SG Remscheid, als 1. Vorsitzender, ein lang-jähriges RTB-Mitglied. Andreas Frie, 40 Jahre Mitglied im RTB, nahm sich in der ersten Jahreshälfte der schwierigen Aufgabe an, die SG zu führen und Konzepte zu entwickeln.

Nachdem Elias auch bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften in Berlin, die vom Mai in den Oktober verschoben wurde, nicht starten konnte, fieberte er der DKM in Remscheid entgegen. Eine Woche vor der DKM kam der Abpfiff für die Veranstaltung in Form des zweiten Lockdowns. Das Sportbad musste schließen und die Meisterschaften ausfallen. Bitter für die Sportler, da Wettkampfpraxis und Qualifikationsmöglichkeiten für die Paralympics fehlen.

Auch bitter für die SG Remscheid, der existentielle Einnahmen entgingen. Denn die DKM trägt zur Deckung des Etats der Schwimmer bei. Schade auch um viele bereits geleistete Stunden ehrenamtlicher Arbeit von vielen Helfern im Vorfeld der Meisterschaften. Aber auch den Remscheider Hoteliers und Gastronomen entgingen wichtige Einnahmen. Trotz aller negativen Umstände im Jahr 2020, bleibt Elias, wie eigentlich alle Sportler und Sportvertreter die ich kenne, positiv denkend.

Dä Driss, wie der Kölsche sagt, wird irgendwann vorüber sein und dann werden die Sportler mit und ohne Handicap auf der ganzen Welt wieder durchstarten.

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